Diskussionsveranstaltung „Alpin-Ski im Harz?“

Alpin-Ski im Harz? –  zukünftig nur im Rahmen von Ganzjahresangeboten sinnvoll

Siehe dazu auch den Beitrag des MDR: diskussion-wintersport-alpin-ski-im-harz-braunlage

Unser Harz hat sich verändert. Der Klimawandel ist aufgrund des massiven Baumsterbens durch Stürme, Trockenheit und Borkenkäferbefall in den vergangenen zwei Jahren für jedermann sichtbar geworden. Auch zum Beginn des Jahres 2020 ist angesichts hoher Temperaturen an Schneefall nicht zu denken.

Doch wie stehen die Prognosen für den Wintersport? Lohnt es sich noch, in den Wintersport zu investieren? Welche Möglichkeiten bieten künftig unsere Wintersportvereine im Harz?

Zu dieser Thematik hatte der Harzklub am 12. Februar 2020 in das Kurgastzentrum nach Braunlage eingeladen. Über 120 Zuschauer waren der Einladung gefolgt.

Mit Sabine Wetzel, der Vorsitzenden der Regionalgruppe Wernigerode Bündnis 90/Die Grünen im Kreisverband des Landkreises Harz und Stadträtin von Wernigerode sowie Walter Lampe, dem Präsidenten des Niedersächsischen Skiverbandes e.V. und ehemaligen Bürgermeister der Samtgemeinde Oberharz, standen zwei kompetente Gesprächspartner zur Verfügung. Moderiert wurde die Veranstaltung in bewährter Weise von Andreas Rietschel.

Rietschel begann mit einer kurzen Beschreibung der aktuellen Wettersituation und gab einen kurzen Überblick über die geplanten Entwicklungsmaßnahmen am Wurmberg und Winterberg.

Frau Wetzel äußerte sich in ihrem Eingangsstatement positiv zu einer einheitlichen Entwicklung des Gesamtharzes sowohl touristisch als auch hinsichtlich der Herausforderungen durch den Klimawandel. In Bezug auf den Wintersport steht für sie die Frage: „Sollte es alpinen Skisport im Harz um jeden Preis geben?“ im Vordergrund. Die künstliche Beschneiung verursacht schon heute hohe Kosten und verbraucht sehr viel Energie und Wasser. „Für die Beschneiung einer rund 30 Meter breiten Piste werden über 500 m³ Wasser benötigt“, gab Wetzel im Bezug zu der am Winterberg bei Schierke geplanten Skipiste an. Hier sollte eine stärkere Fokussierung auf einen nachhaltigen Tourismus unter Ausnutzung der natürlichen Ressourcen des Harzes erfolgen. Ziel müssen Ganzjahresangebote sein und nicht künstlich betriebene Anlagen. „Braunlage bietet hier schon viele Angebote und Möglichkeiten“.

Walter Lampe ging in seinem Statement auf die Breite der Angebote im Wintersport ein. Der Harz darf nach seiner Meinung nicht nur als Destination für den alpinen Skisport gesehen werden. „In Deutschland gibt es rund 8 Millionen Skifahrer, 87 Prozent davon betreiben aktiv den Alpinskisport“. Hieraus ergeben sich auch für den Harz große Möglichkeiten. Die Attraktivität des Gebietes hänge aber heute stark von der Vorhaltung technischer Anlagen (Skilifte, Gastronomie, Übernachtungsmöglichkeiten) ab. Über seinen eigenen Umweltreferenten besitzt der Niedersächsische Skiverband einen sehr guten Zugang zu Fachleuten im Bereich der Umwelt. Aufgabe der Vereine sei es auch, das Umweltbewusstsein der Skiläufer zu fördern. Eine technische Beschneiung ist allerdings vielfach die Voraussetzung dafür, ein regelmäßiges Training und die Durchführung von Wettbewerben zu gewährleisten. Skifahren wird auch künftig einen hohen Stellenwert im Harz haben. Der Harz ist ein traditionelles Wintersportgebiet.

Ein weiterer wichtiger Aspekt für die künstliche Beschneiung ist die Anlage von Schneeteichen, künstlichen Gewässern zum Betrieb der Schneekanonen. Am Wurmberg erfolgt hierfür eine Wasserentnahme aus der Warmen Bode.

Frau Wetzel sieht die Beschneiung auf Grund des gegenwärtigen Temperaturanstiegs und dem damit einhergehenden Ausbleiben von Frosttagen sehr kritisch. Außerdem gibt es große Wasserverluste durch Verdunstung. „Die zu hohe Wasserentnahme aus der Kalten und Warmen Bode führt zu einer dauerhaften Störung des Wasserkreislaufs“.

Für Walter Lampe schließen sich Wintersport und ökologische Nachhaltigkeit nicht aus. Wichtig sei die Integration von Wintersportangeboten in ein Ganzjahreskonzept. Die Entwicklung der Schneeverhältnisse in Harz kann momentan noch niemand zu 100 Prozent vorhersagen. „Es wird auch wieder Winter mit ausreichend Schnee geben“, ist sich Lampe sicher.

Beide Redner waren sich darüber einig, dass der Fokus der zukünftigen touristischen Entwicklung auf dem Ausbau von Ganzjahresangeboten, als Ausgleich für schneearme Zeiten liegen sollte. Hierzu sind langfristige Strategien notwendig. Das Thema Beschneiung wurde wesentlich intensiver diskutiert, hierbei konnte am Ende keine Übereinstimmung erzielt werden.

An der sachlichen Diskussion beteiligten sich neben den Harzklub-Mitgliedern, auch Vertreter der Kommunen, vom Nationalpark Harz und aus verschiedenen touristischen oder gastronomischen Einrichtungen.

Die Redebeiträge und Aussagen aus dem Publikum zielten klar in die Richtung ab, im Harz Alternativen für schneearme Zeiten zu schaffen. Sei es durch den Ausbau von Skiroller-Strecken, die Erweiterung des Angebots für E-Bikes oder die Neugestaltung des Wanderwegenetzes. Herr Pusch informierte, dass der Nationalpark Harz durch das Spuren von Loipen im hohen Maße zur Förderung des Wintersports beitrage. Er befürwortete den Erhalt bestehender technischer Anlagen, jedoch keinen Neubau. Herr Langer, der neugewählte Bürgermeister von Braunlage, stellte dar, dass es in Braunlage mittlerweile wieder über 1,4 Millionen Übernachtungen gibt. Allein im Winter fallen davon über 300.000 Übernachtungen an. „Der Winter spielt für unseren Tourismus eine wichtige Rolle“, so der Bürgermeister. Zurzeit arbeitet die Stadt Braunlage an der Aufstellung eines neuen Ganzjahres-Tourismuskonzeptes, auch in Hinsicht auf die veränderten Anforderungen durch den Klimawandel. Herr Otto, als Betreiber der Anlagen am Matthias-Schmidt-Berg in St. Andreasberg, ist sich sicher, dass eine einseitige Konzentration auf Wintersportangebote nicht zum Erfolg führen kann. Als wirtschaftliche Grundlage können nur Ganzjahresangebote dienen. „Wir beschneien unsere Hänge nur, wenn es wettertechnisch passt und damit wirtschaftlich vertretbar ist“, so unterstrich Otto seine Aussage. Für Frau Bothe, Leiterin des Rodelhauses Braunlage sei es vor allem wichtig, die Gäste bei guter Stimmung zu halten, auch wenn kein Wintersport möglich ist. Hierfür setzt sie ihre ganze Kraft ein.

Abschließend bedankte sich Dr. Oliver Junk bei den Teilnehmern des Diskussionsforums und freute sich über den fundierten fachlichen Austausch auf hohem Niveau und das große Interesse der Besucher.

Christian Resow