HSB und Harzklub e.V. blickten gemeinsam auf 28 Jahre Deutsche Einheit zurück

Tag der Deutschen Einheit 2018 auf dem Brocken

Die Deutsche Einheit ist für alle längst zur Selbstverständlichkeit geworden. Umso mehr ist es wichtig, an die Zeit zu erinnern, als eine unüberwindbare Grenze den Ost- und den Westteil des Harzes voneinander trennte und der Brocken in weite Ferne gerückt war.

Die traditionelle Veranstaltung des Harzklub e.V. am 3. Oktober auf dem Brocken wird genutzt, um Rückblick auf die turbulente Zeit der Wende zu halten und gemeinsam den „Jahrestag der Deutschen Einheit“ zu feiern.

Knapp 300 Wanderfreundinnen und Wanderfreunde hatten sich auch in diesem Jahr bei stürmischem Herbstwetter auf den Weg zum Brockengipfel gemacht. Sie waren von Ilsenburg, Schierke, Oderbrück und Torfhaus gestartet und wurden von kompetenten Wanderführern des Harzklubs begleitet.

Der stellv. Präsident des Harzklub e.V. und Vorsitzende des Vereins Gesund älter werden im Harz e.V., Klaus Dumeier, erinnerte in seiner Ansprache an die Situation und die Entwicklung der Brockenkuppe nach dem Zweiten Weltkrieg.

„Die touristische Attraktivität des Berges hatte stark gelitten, denn im April 1945 zerstörte die US-Luftwaffe das Brockenhotel und weitere Gebäude. Der Gipfel wurde zu einer amerikanischen Enklave in der britischen Besatzungszone. Doch bald schon wechselte die Hoheit über den Berg infolge eines von den Alliierten vereinbarten Gebietsaustausches: Auf dem kargen Plateau machten sich die Sowjets breit. Sie postierten Kontrolleure am Berg und ließen 1951 eine Dienststelle der Volkspolizei errichten, denn schon bald florierte rund um den Brocken der illegale Grenzverkehr. Die Sowjets erklärten den Berg zur Sperrzone. Ostdeutsche allerdings bekamen zunächst Passierscheine.

Ab August 1961 wurde der Brocken, der im unmittelbaren Grenzgebiet der DDR zur Bundesrepublik Deutschland lag, zum militärischen Sperrgebiet erklärt und war somit für die Bevölkerung nicht mehr zugänglich. Der Gipfel wurde militärisch stark ausgebaut.

Nach dem Fall der Berliner Mauer folgten am 3. Dezember 1989 mehrere tausend Wanderer dem Aufruf ostdeutscher Bürgerinitiativen zu einer Sternwanderung auf den Gipfel. Viele der heutigen Harzklub-Mitglieder waren bei dieser historischen Brockenmaueröffnung dabei. Gegen 12.45 Uhr öffnete ein Grenzer auf Druck der Wanderer das Tor. Die Menge jubelte und stürmte den Gipfel. Es gab kein Halten mehr. Dieser Moment machte den Brocken deutschlandweit zu einem Symbol der Deutschen Einheit.“

 

Aus Sicht von Klaus Dumeier wird im Harz die Deutsche Einheit wie in kaum einer anderen Region in Deutschland gelebt. Hier gibt es länderübergreifend nur einen Harzklub, einen Harzer Tourismusverband, einen Regionalverband Harz, einen Nationalpark Harz und eine Harzer Wandernadel. Klaus Dumeier konnte wichtige Ehrengäste willkommen heißen, darunter Dr. Michael Ermrich als Ehrenpräsidenten des Harzklubs, Dr. Uwe Heuck als ersten Wernigeröder Landrat, den Brockenwirt Daniel Steinhoff, Schierkes Bürgermeisterin Christiane Hopstock und Ilsenburgs Stadtchef Denis Loefke. Besonders herzlich begrüßt er den Geschäftsführer der Harzer Schmalspurbahnen GmbH, Matthias Wagener, der die Festrede zum 28. Jahrestag der Wiedervereinigung hielt. Mit großem Interesse folgten die Wanderer und Gäste den Ausführungen des Festredners, der persönlich die Privatisierung und die Entwicklung der HSB bis heute begleitet hat.

Nach der Wende standen die Harzer Schmalspurbahnen vor großen Herausforderungen. Es galt, die Bahn unter den neuen Bedingungen zu etablieren und die Brockenbahn wieder in Betrieb zu setzen. Matthias Wagener ging auf die lange Geschichte der Brockenbahn ein.

Bereits am 27. März 1899 konnte der Streckenteil Drei Annen Hohne – Schierke – Brocken eröffnet werden. Am 13. August 1961 wurde aufgrund des Mauerbaus der Reisezugverkehr zum Brocken jedoch jäh unterbrochen; ab Drei Annen Hohne wurde die Weiterfahrt nach Schierke nur mit Passierschein möglich, zwischen Schierke und Brocken gab es nur noch Güterverkehr.

Nach 1989 wurden alle Schmalspurbahnen von der Deutschen Reichsbahn abgestoßen und sollten privatisiert werden. Die Interessengemeinschaft HSB sammelte binnen kurzer Zeit 55.000 Unterschriften für den Erhalt des gesamten Streckennetzes der Harzer Schmalspurbahnen.

Nachdem sich bereits ein privater Investor gefunden hatte, drängte die Zeit. So gab es unter Leitung von Landrat Dr. Uwe Heuck und Oberkreisdirektor Dr. Michael Ermrich durch den Kreistag Wernigerode einen Grundsatzbeschluss zum Erhalt der HSB in kommunaler Hand. Am 13.03.1991 errichteten die damaligen Landkreise Wernigerode, Nordhausen und Quedlinburg sowie die an der Strecke liegenden Kommunen, die Gemeinde Tanne, die Stadt Quedlinburg und die Kurbetriebsgesellschaft Braunlage eine „kommunale Gründungsgesellschaft zur Erhaltung der Harzer Schmalspurbahnen“ bürgerlichen Rechts. Sanierungskonzepte wurden entworfen und wirtschaftliche Voraussetzungen geschaffen. Am 12.06.1991 traf der Fördermittelbescheid (nur glatte 4 Seiten) mit einer Förderhöhe 19 Millionen Euro vom Bundesverkehrsministerium ein. 2 Millionen wurden durch die Gesellschafter hinzu gegeben. Am 17. Juni erfolgte der Spatenstich.

Bereits am 15.09.1991 sollte die Brockenbahn wieder den Betrieb aufnehmen. Dieses Datum wurde zum wichtigsten Tag in der Geschichte der HSB. Zwei voll besetzte Dampfzüge nahmen unter dem Jubel tausender Anwohner und Gäste die Fahrt zum Brocken wieder auf.

Aus der kommunalen Gründungsgesellschaft wird am 19.11.1991 die Harzer Schmalspurbahnen GmbH (HSB) gebildet. Am 01.07.1992 erfolgt die Wiederaufnahme des fahrplanmäßigen Zugverkehrs.

Matthias Wagener blickt in die Zukunft: „Es muss gelingen den Bestand der HSB über das Jahr 2030 hinaus zu sichern. Die Gäste sollen sich wohl fühlen. Besondere Sorgen bereiten uns beispielsweise die Untersuchung und Wartung der Dampflokomotiven alle 8 Jahre. Dies kostet die HSB jedes Mal 800.000,- Euro pro Lok.

Die Harzer Jodelmeisterin Marina Hein mit Katharina Deutsch und Ingrid Hein sorgte für die musikalische Umrahmung am 3. Oktober, ebenso die Blaskapelle des Harzklub-Zweigvereins Hannover, die seit 1990 die Brocken-Veranstaltung begleitet.

Bildautoren: Annett Drache, Matthias Bein